Preface London

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Prefatory Remarks II (Post-June 1938) [575]

The especially great difficulties which have weighed on me while composing this study of the person of Moses—inner misgivings as well as external hindrances—are why this third and final part comes to have two different prefaces which contradict, indeed cancel, each other. [576] For in the short period between writing the two papers the writer’s outer conditions have profoundly changed.[577] At the time, I was living under the protection of the Catholic Church and was afraid that my publication would lose this protection and prevent practitioners and students of psychoanalysis in Austria from working.[578] Then, suddenly, the German invasion broke in on us and Catholicism proved to be, as the Bible has it, “a broken reed.”[579] In the certainty of persecution, now not only because of my thoughts but also because of my “race”, I left with many friends the city which from my early childhood, through 78 years, was home.[580]

I found the friendliest reception in beautiful, free, generous England. Here I live, a gladly welcome guest, and breathe, relieved from that pressure and happy that I may again speak and write—I almost said think—as I want or must.[581] I dare to bring to the public the last piece of my work.[582]

There are no more external obstacles or, at least, none from which one must shrink back.[583] I have in these few weeks received a large number of greetings, from friends who told me how glad they were to see me here, and from people unknown to me, barely interested in my work, who simply expressed their satisfaction that I found freedom and security here.[584] Besides all this there came, with a frequency bewildering to a foreigner, letters of another kind, expressing concern for the weal of my soul, and anxious to point me the way to Christ and to enlighten me about Israel’s future.[585]

The good people who wrote thus couldn’t have known much about me; but I expect that when this work of Moses becomes known among my new compatriots I shall lose with my correspondents and a number of the others some of the sympathy they now extend to me.[586]

The inner difficulties were not to be changed by the different political system and the new domicile.[640] Now as then I am uneasy when confronted with my own work; I miss the consciousness of unity and togetherness that should exist between the author and his work.[588] Not that I lack conviction about the correctness of my conclusions.[589] That conviction I acquired a quarter century ago, when I wrote my book on Totem and Taboo (1912), and it has only become stronger since.[590] From then on I have never doubted that religious phenomena are to be understood only on the model of the neurotic symptoms of individuals, which are so familiar to us, as a return of long forgotten important events in the primaeval history of the human family, that they owe their obsessive character to that origin and also the power of their hold on mankind from the historical truth they contain.[591] My uncertainty sets in only when I ask myself whether these propositions are proven for the example of Jewish monotheism chosen here.[592] To my criticism, this work, outgoing from a study of the man Moses, seems like a dancer balancing on one toe.[593] If I had not been able to find support in the analytic interpretation of the exposure myth and grab over from there to Sellin’s suggestion concerning Moses’ exit, the whole thing would have to remain unwritten.[594] At least it is daring.[595]

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TRANSLATION

  1. Vorbemerkung II (im Juni 1938)

  2. Die ganz besonderen Schwierigkeiten, die mich während der Abfassung dieser an die Person des Moses anknüpfenden Studie belastet haben—innere Bedenken sowie äußere Abhaltungen—bringen es mit sich, daß dieser dritte, abschließende Aufsatz von zwei verschiedenen Vorreden eingeleitet wird, die einander widersprechen, ja einander aufheben.

  3. Denn in dem kurzen Zeitraum zwischen beiden haben sich die äußeren Verhältnisse des Schreibers gründlich geändert.

  4. Ich lebte damals unter dem Schutz der katholischen Kirche und stand unter der Angst, daß ich durch meine Publikation diesen Schutz verlieren und ein Arbeitsverbot für die Anhänger und Schüler der Psychoanalyse in Österreich heraufbeschwören würde.

  5. Und dann kam plötzlich die deutsche Invasion; der Katholizismus erwies sich, mit biblischen Worten zu reden, als ein “schwankes Rohr”.

  6. In der Gewißheit, jetzt nicht nur meiner Denkweise, sondern auch meiner “Rasse” wegen verfolgt zu werden, verließ ich mit vielen Freunden die Stadt, die mir von früher Kindheit an, durch 78 Jahre, Heimat gewesen war.

  7. Ich fand die freundlichste Aufnahme in dem schönen, freien, großherzigen England. Hier lebe ich nun, ein gern gesehener Gast, atme auf, daß jener Druck von mir genommen ist und daß ich wieder reden und schreiben—bald hätte ich gesagt: denken darf, wie ich will oder muß.

  8. Ich wage es, das letzte Stück meiner Arbeit vor die Öffentlichkeit zu bringen.

  9. Keine äußeren Abhaltungen mehr oder wenigstens keine solchen, vor denen man zurückschrecken darf.

  10. Ich habe in den wenigen Wochen meines Aufenthaltes hier eine Unzahl von Begrüßungen erhalten von Freunden, die sich meiner Anwesenheit freuten, von Unbekannten, ja Unbeteiligten, die nur ihrer Befriedigung darüber Ausdruck geben wollten, daß ich hier Freiheit und Sicherheit gefunden habe.

  11. Und dazu kamen, in einer für den Fremden überraschenden Häufigkeit, Zuschriften anderer Art, die sich um mein Seelenheil bemühten, die mir die Wege Christi weisen und mich über die Zukunft Israels aufklären wollten.

  12. Die guten Leute, die so schrieben, können nicht viel von mir gewußt haben; aber ich erwarte, wenn diese Arbeit über Moses durch eine Übersetzung unter meinen neuen Volksgenossen bekannt wird, werde ich auch bei einer Anzahl von anderen genug von den Sympathien einbüßen, die sie mir jetzt entgegenbringen.

  13. An den inneren Schwierigkeiten konnten politischer Umschwung und Wechsel des Wohnorts nichts ändern.

  14. Nach wie vor fühle ich mich unsicher angesichts meiner eigenen Arbeit, vermisse ich das Bewußtsein der Einheit und Zusammengehörigkeit, das zwischen dem Autor und seinem Werk bestehen soll.

  15. Nicht etwa, daß es mir an der Überzeugung von der Richtigkeit des Ergebnisses mangeln sollte.

  16. Diese habe ich mir schon vor einem Vierteljahrhundert erworben, als ich das Buch über Totem und Tabu schrieb, 1912, und sie hat sich seither nur verstärkt.

  17. Ich habe seit damals nicht mehr bezweifelt, daß die religiösen Phänomene nur nach dem Muster der uns vertrauten neurotischen Symptome des Individuums zu verstehen sind, als Wiederkehren von längst vergessenen, bedeutsamen Vorgängen in der Urgeschichte der menschlichen Familie, daß sie ihren zwanghaften Charakter eben diesem Ursprung verdanken und also kraft ihres Gehalts an historischer Wahrheit auf die Menschen wirken.

  18. Meine Unsicherheit setzt erst ein, wenn ich mich frage, ob es mir gelungen ist, diese Sätze für das hier gewählte Beispiel des jüdischen Monotheismus zu erweisen.

  19. Meiner Kritik erscheint diese vom Manne Moses ausgehende Arbeit wie eine Tänzerin, die auf einer Zehenspitze balanciert.

  20. Wenn ich mich nicht auf die eine analytische Deutung des Aussetzungsmythus stützen und von da aus zur Sellinschen Vermutung über den Ausgang des Moses übergreifen könnte, hätte das Ganze ungeschrieben bleiben müssen.

  21. Immerhin sei es jetzt gewagt.

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