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How enviable appear to us, the poor in the faith, those researchers convinced of the existence of a Supreme Being![1400] For this Great Spirit, the world has no problems because He has created all its facilities.[1401] How comprehensive, exhaustive and definitive are the teachings of the believer in comparison with the laborious, miserable and piecemeal attempts at explanation which are the most that we can achieve![1402] The divine spirit, itself the ideal of ethical perfection, has implanted in people the knowledge of the ideal and, at the same time, the urge to conform their nature to the ideal.[1403] They feel immediately what is higher and nobler, and what is lower and baser.[1404] Their sensory life is set by their respective distance from the Ideal.[1405] It brings them great satisfaction when, as it were in perihelion, they move toward it; it is punished by severe displeasure when, in aphelion, they have moved away from it.[1406] It’s all so simple and so unwavering.[1407] We can only regret if certain life-experiences and world-observations make it impossible for us to accept the premise of such a supreme being.[1408] As if the world had not enough riddles, the new task given to us is to understand how those others could acquire their faith in the divine being and where this faith derives its immense power to overwhelm “reason and science”.[1409]
Let us return to the more modest problem that has occupied us so far.[1477] We wanted to explain the origin of the strange character of the Jewish people, which probably also enabled its preservation to this day.[1478] We found that the man Moses shaped this character by giving them a religion that heightened their self-esteem so that they believed themselves superior to all other peoples.[1412] They preserved themselves by keeping away from others.[1413] Blood mixing bothered them little, because what held them together was a spiritual momentum, the shared possession of certain intellectual and emotional goods.[1414] The Moses religion had this effect because it (1) let the people share in the greatness of a new conception of God, (2) asserted that this people was chosen by this great God and destined for the proof of his special favour, and (3) required the people to make progress in spirituality, which, in itself meaningful enough, also opened the way to the esteem of intellectual work and further instinctual renunciation.[115]
This is our result, and though we may not retract any of it, we cannot hide the fact that it is somehow unsatisfactory.[1416] The cause does not, so to speak, accord with the effect, the fact that we want to explain seems of a different magnitude than anything we have explained so far.[1417] Is it possible that all our investigations have so far uncovered not the whole motivation, but only a superficial layer, and that another very significant factor waits to be discovered?[1418] In the extraordinary complication of all causation in life and history, one must be prepared for something like that.[1419]
Access to this deeper motive arises at a certain point in the discussion above.[120] The religion of Moses did not exert its effect directly, but in a peculiar indirect way.[1421] This is not to say that it did not work immediately, but that it took a long time, centuries, to develop its full effect, because that goes without saying when it comes to shaping a people’s character.[1422] Rather, the qualification refers to a fact that we have taken from the Jewish religious history or, if you like, have introduced into it.[1423] We have said that, after a certain time, the Jewish people rejected the Moses religion—whether they did so fully or partially preserved some of its regulations cannot be guessed.[1424] Assuming that in the long period of the occupation of Canaan and the struggles with the peoples living there, the Jahve religion did not differ essentially from the worship of the other Baalim, we stand on historical ground despite all efforts of later tendencies to cover up the shameful facts.[1425] The Moses religion had not disappeared without trace, a kind of memory of it had been preserved, obscured and distorted, by individual members of the priestly caste, perhaps supported by old records.[1426] And it this tradition of a great past that proceeded from the background, gradually gained more and more power over the mind, and finally succeeded in transforming the god Jahve into the God of Moses, taking the religion Moses established and then lost centuries before, again awakening it to life.[1427]
We have discussed in an earlier section of this treatment an assumption which seems irrefutable if we are to find such power of tradition understandable.[1428]
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FREUD’S ORIGINAL
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E. Der Wahrheitsgehalt der Religion ↑
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Wie beneidenswert erscheinen uns, den Armen im Glauben, jene Forscher, die von der Existenz eines höchsten Wesens überzeugt sind! ↑
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Für diesen großen Geist hat die Welt keine Probleme, weil er selbst alle ihre Einrichtungen geschaffen hat. ↑
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Wie umfassend, erschöpfend und endgültig sind die Lehren der Gläubigen im Vergleich mit den mühseligen, armseligen und stückhaften Erklärungsversuchen, die das Äußerste sind, was wir zustandebringen! ↑
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Der göttliche Geist, der selbst das Ideal ethischer Vollkommenheit ist, hat den Menschen die Kenntnis dieses Ideals eingepflanzt und gleichzeitig den Drang, ihr Wesen dem Ideal anzugleichen. ↑
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Sie verspüren unmittelbar, was höher und edler, und was niedriger und gemeiner ist. ↑
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Ihr Empfindungsleben ist auf ihre jeweilige Distanz vom Ideal eingestellt. ↑
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Es bringt ihnen hohe Befriedigung, wenn sie, im Perihel gleichsam, ihm näher kommen, es straft sich durch schwere Unlust, wenn sie, im Aphel, sich von ihm entfernt haben. ↑
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Das ist alles so einfach und so unerschütterlich festgelegt. ↑
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Wir können nur bedauern, wenn gewisse Lebenserfahrungen und Weltbeobachtungen es uns unmöglich machen, die Voraussetzung eines solchen höchsten Wesens anzunehmen. ↑
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Als hätte die Welt der Rätsel nicht genug, wird uns die neue Aufgabe gestellt, zu verstehen, wie jene anderen den Glauben an das göttliche Wesen erwerben konnten und woher dieser Glaube seine ungeheure, “Vernunft und Wissenschaft” überwältigende Macht bezieht. ↑
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Kehren wir zu dem bescheideneren Problem zurück, das uns bisher beschäftigt hat. ↑
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Wir wollten erklären, woher der eigentümliche Charakter des jüdischen Volkes rührt, der wahrscheinlich auch seine Erhaltung bis auf den heutigen Tag ermöglicht hat. ↑
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Wir fanden, der Mann Moses hat diesen Charakter geprägt, dadurch, daß er ihnen eine Religion gab, welche ihr Selbstgefühl so erhöhte, daß sie sich allen anderen Völkern überlegen glaubten. ↑
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Sie erhielten sich dann dadurch, daß sie sich von den anderen fernhielten. ↑
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Blutvermischungen störten dabei wenig, denn was sie zusammenhielt, war ein ideelles Moment, der gemeinsame Besitz bestimmter intellektueller und emotioneller Güter. ↑
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Die Moses-Religion hatte diese Wirkung, weil sie 1. das Volk Anteil nehmen ließ an der Großartigkeit einer neuen Gottesvorstellung, 2. weil sie behauptete, daß dies Volk von diesem großen Gott auserwählt und für die Beweise seiner besonderen Gunst bestimmt war, 3. weil sie dem Volk einen Fortschritt in der Geistigkeit aufnötigte, der, an sich bedeutungsvoll genug, überdies den Weg zur Hochschätzung der intellektuellen Arbeit und zu weiteren Triebverzichten eröffnete. ↑
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Dies ist unser Ergebnis, und obwohl wir nichts davon zurücknehmen mögen, können wir uns doch nicht verhehlen, daß es irgendwie unbefriedigend ist. ↑
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Die Verursachung deckt sozusagen nicht den Erfolg, die Tatsache, die wir erklären wollen, scheint von einer anderen Größenordnung als alles, wodurch wir sie erklären. ↑
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Wäre es möglich, daß alle unsere bisherigen Untersuchungen nicht die ganze Motivierung aufgedeckt haben, sondern nur eine gewissermaßen oberflächliche Schicht, und dahinter noch ein anderes, sehr bedeutsames Moment auf Entdeckung wartet? ↑
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Bei der außerordentlichen Komplikation aller Verursachung in Leben und Geschichte mußte man auf etwas dergleichen gefaßt sein. ↑
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Der Zugang zu dieser tieferen Motivierung ergäbe sich an einer bestimmten Stelle der vorstehenden Erörterungen. ↑
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Die Religion des Moses hat ihre Wirkungen nicht unmittelbar geübt, sondern in einer merkwürdig indirekten Weise. ↑
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Das will nicht besagen, sie habe nicht sofort gewirkt, sie habe lange Zeiten, Jahrhunderte gebraucht, um ihre volle Wirkung zu entfalten, denn soviel versteht sich von selbst, wenn es sich um die Ausprägung eines Volkscharakters handelt. ↑
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Sondern die Einschränkung bezieht sich auf eine Tatsache, die wir der jüdischen Religionsgeschichte entnommen, oder, wenn man will, in sie eingetragen haben. ↑
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Wir haben gesagt, das jüdische Volk warf die Moses-Religion nach einer gewissen Zeit wieder ab—ob vollständig, ob einige ihrer Vorschriften beibehalten wurden, können wir nicht erraten. ↑
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Mit der Annahme, daß in den langen Zeiten der Besitzergreifung Kanaans und des Ringens mit den dort wohnenden Völkern die Jahve-Religion sich nicht wesentlich von der Verehrung der anderen Baalim unterschied, stehen wir auf historischem Boden trotz aller Anstrengungen späterer Tendenzen, diesen beschämenden Sachverhalt zu verschleiern. ↑
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Die Moses-Religion war aber nicht spurlos untergegangen, eine Art von Erinnerung an sie hatte sich erhalten, verdunkelt und entstellt, vielleicht bei einzelnen Mitgliedern der Priesterkaste durch alte Aufzeichnungen gestützt. ↑
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Und diese Tradition einer großen Vergangenheit war es, die aus dem Hintergrunde gleichsam zu wirken fortfuhr, allmählich immer mehr Macht über die Geister gewann und es endlich erreichte, den Gott Jahve in den Gott Moses’ zu verwandeln und die vor langen Jahrhunderten eingesetzte und dann verlassene Religion Moses’ wieder zum Leben zu erwecken. ↑
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Wir haben in einem früheren Abschnitt dieser Abhandlung erörtert, welche Annahme unabweisbar scheint, wenn wir eine solche Leistung der Tradition begreiflich finden sollen. ↑