A. The People of Israel

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If one is clear about the fact that a process like ours—to accept from the traditional material what seems usable to us, to discard what is not suitable for us, and to put the individual pieces together according to the psychological probability—that such a technique gives no security to find the truth, one asks with right why one undertakes such work at all.[1167] The answer is based on its result.[1168] If the strictness of the requirements of a historical-psychological investigation is softened, it may be possible to clarify problems which always seemed worthy of attention and which, as a result of recent events, force themselves anew on the observer.[1169] One knows that of all the peoples who dwelt in antiquity around the Mediterranean basin, the Jewish people are almost the only people who still exist today in name and also in substance.[1170] With unparalleled resilience, it has defied misfortunes and ill-treatment, developed peculiar character-traits and, in addition, acquired the hearty aversion of all other peoples.[1171] From where this viability of the Jews comes and how their character relates to their fate, one would like to understand more.[1172]

One may start out with a character trait of the Jews which dominates their relationship to the others.[1173] There is no doubt that they have a particularly high opinion of themselves, consider themselves nobler, of higher standing, superior to others[f65], from whom they are also divided by many of their manners.[1174] With this, they have a peculiar confidence in life, as if inspired by the secret possession of a precious good, a kind of optimism; the pious would call it trust in God.[1175]

We know the grounds for this behavior and know what their secret treasure is.[1176] They truly believe themselves to be God’s Chosen People, believe they are particularly close to Him, and that makes them proud and confident.[1242] According to reliable reports, they behaved in Hellenistic times as they do today, so the Jew was already then well-finished, and the Greeks, among whom and beside whom they lived responded, to Jewish peculiarities in the same way as today’s “host peoples”.[1178] One might think they reacted as if they, too, believed in the preference that the people of Israel claimed for themselves.[1179] When one is the declared favourite of the dreaded father, one need not wonder about the jealousy of the siblings, and to what this jealousy can lead is shown very beautifully in the Jewish myth of Joseph and his brothers.[1180] The course of world history then seemed to justify the Jewish presumption, for when later God consented to send humanity a Messiah and Saviour, he again chose him from the people of the Jews.[1181] The other peoples would then have had occasion to say: “Really, they were right, they are the people chosen by God.”[1182] But it happened instead that the salvation of Jesus Christ brought only a strengthening of their hatred of the Jews, while the Jews themselves did not benefit from this second favouring, since they did not recognize the Saviour.[1183]

On the basis of our earlier discussions, we may now assert that it was the man Moses who stamped the Jewish people with this trait that would become so all important for the future.[1249] He raised their self-confidence by asserting that they were God’s Chosen People, declaring their Holiness and committing them to segregation from the others.[1184] Not that other peoples lacked self-esteem.[1186] Just as today, each nation considered itself better than any other.[1187] But the self-confidence of the Jews was given a religious anchorage by Moses; it became part of their religious faith.[1188] Their intimate relationship with their God earned them a share in his greatness.[1189] And since we know that behind God, who chose the Jews and liberated them from Egypt, stood the person of Moses, who did just that, ostensibly on His orders, we dare say: It was this one man Moses who created the Jews.[1190] To him this people owes its tenacity, but also much of the hostility that it has experienced and is still experiencing.[1191]

FOOTNOTES

  1. The insult often hurled at them in ancient times that they were lepers (cf. Manetho) must be read as projection: “They keep apart from us as if we are lepers.” f65↑

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FREUD’S ORIGINAL

  1. A. Das Volk Israel

  2. Wenn man sich klar darüber ist, daß ein Verfahren wie das unsrige, vom überlieferten Stoff anzunehmen, was uns brauchbar scheint, zu verwerfen, was uns nicht taugt, und die einzelnen Stücke nach der psychologischen Wahrscheinlichkeit zusammenzusetzen—daß eine solche Technik keine Sicherheit gibt, die Wahrheit zu finden, dann fragt man mit Recht, wozu man eine solche Arbeit überhaupt unternimmt.

  3. Die Antwort beruft sich auf ihr Ergebnis.

  4. Wenn man die Strenge der Anforderungen an eine historisch-psychologische Untersuchung weit mildert, wird es vielleicht möglich sein, Probleme zu klären, die immer der Aufmerksamkeit würdig schienen und die infolge rezenter Ereignisse sich von neuem dem Beobachter aufdrängen.

  5. Man weiß, von allen Völkern, die im Altertum um das Becken des Mittelmeers gewohnt haben, ist das jüdische Volk nahezu das einzige, das heute dem Namen und wohl auch der Substanz nach noch besteht.

  6. Mit beispielloser Widerstandsfähigkeit hat es Unglücksfällen und Mißhandlungen getrotzt, besondere Charakterzüge entwickelt und sich nebstbei die herzliche Abneigung aller anderen Völker erworben.

  7. Woher diese Lebensfähigkeit der Juden kommt und wie ihr Charakter mit ihren Schicksalen zusammenhängt, davon möchte man gerne mehr verstehen.

  8. Man darf von einem Charakterzug der Juden ausgehen, der ihr Verhältnis zu den anderen beherrscht.

  9. Es ist kein Zweifel daran, sie haben eine besonders hohe Meinung von sich, halten sich für vornehmer, höher stehend, den anderen überlegen, von denen sie auch durch viele ihrer Sitten geschieden sind. [Footnote: Die in alten Zeiten so häufige Schmähung, die Juden seien “Aussätzige” (s. Manetho), hat wohl den Sinn einer Projektion: “Sie halten sich von uns so fern, als ob wir Aussätzige wären.”]

  10. Dabei beseelt sie eine ganz besondere Zuversicht im Leben, wie sie durch den geheimen Besitz eines kostbaren Gutes verliehen wird, eine Art von Optimismus; Fromme würden es Gottvertrauen nennen.

  11. Wir kennen den Grund dieses Verhaltens und wissen, was ihr geheimer Schatz ist.

  12. Sie halten sich wirklich für das von Gott auserwählte Volk, glauben ihm besonders nahe zu stehen, und dies macht sie stolz und zuversichtlich.

  13. Nach guten Nachrichten benahmen sie sich schon in hellenistischen Zeiten so wie heute, der Jude war also damals schon fertig, und die Griechen, unter denen und neben denen sie lebten, reagierten auf jüdische Eigenart in der nämlichen Weise wie die heutigen “Wirtsvölker”.

  14. Man könnte meinen, sie reagierten, als ob auch sie an den Vorzug glaubten, den das Volk Israel für sich in Anspruch nahm.

  15. Wenn man der erklärte Liebling des gefürchteten Vaters ist, braucht man sich über die Eifersucht der Geschwister nicht zu verwundern, und wozu diese Eifersucht führen kann, zeigt sehr schön die jüdische Sage von Josef und seinen Brüdern.

  16. Der Verlauf der Weltgeschichte schien dann die jüdische Anmaßung zu rechtfertigen, denn als es später Gott gefiel, der Menschheit einen Messias und Erlöser zu senden, wählte er ihn wiederum aus dem Volke der Juden.

  17. Die anderen Völker hätten damals Anlaß gehabt, sich zu sagen: Wirklich, sie haben recht gehabt, sie sind das von Gott auserwählte Volk.

  18. Aber es geschah anstatt dessen, daß ihnen die Erlösung durch Jesus Christus nur eine Verstärkung ihres Judenhasses brachte, während die Juden selbst aus dieser zweiten Bevorzugung keinen Vorteil zogen, da sie den Erlöser nicht anerkannten.

  19. Auf Grund unserer früheren Erörterungen dürfen wir nun behaupten, daß es der Mann Moses war, der dem jüdischen Volk diesen für alle Zukunft bedeutsamen Zug aufgeprägt hat.

  20. Er hob ihr Selbstgefühl durch die Versicherung, daß sie Gottes auserwähltes Volk seien, er legte ihnen die Heiligung auf und verpflichtete sie zur Absonderung von den anderen.

  21. Nicht etwa, daß es den anderen Völkern an Selbstgefühl gemangelt hätte.

  22. Genau wie heute hielt sich auch damals jede Nation für besser als jede andere.

  23. Aber das Selbstgefühl der Juden erfuhr durch Moses eine religiöse Verankerung, es wurde ein Teil ihres religiösen Glaubens.

  24. Durch ihre besonders innige Beziehung zu ihrem Gott erwarben sie einen Anteil an seiner Großartigkeit.

  25. Und da wir wissen, daß hinter dem Gott, der die Juden ausgewählt und aus Ägypten befreit hat, die Person Moses’ steht, die grade das, vorgeblich in seinem Auftrag, getan hatte, getrauen wir uns zu sagen: Es war der eine Mann Moses, der die Juden geschaffen hat.

  26. Ihm dankt dieses Volk seine Zählebigkeit, aber auch viel von der Feindseligkeit, die es erfahren hat und noch erfährt.

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